Ein typografisches Zusammenspiel mit Teja Smrekar

Grato Marker basiert auf analogen Schreibwerkzeugen und ist eine authentische, lockere Ergänzung zur Grato Grotesk und Classic. Hier zeigt Teja Smrekar, wie sie geometrische Form und handschriftliche Methode verbindet:

Das Entwerfen handgemachter Schriften ist eine große Leidenschaft von mir. Als Jakob mich einlud, an dem Projekt Grato Marker mitzuarbeiten, war ich sofort Feuer und Flamme.

Bei der Realisierung der Idee zur Grato-Handschrift war Jakob der typografische Dirigent und ich die erste Geige im Typo-Orchester – wodurch ich durch meine Handwerkskunst den Grundton für die Schrift anstimmen konnte.

Das Projekt startete mit einem Workshop und dem Ziel, das geeignetste Schreibwerkzeug für diese Schrift zu finden. Dabei zogen wir zwei Methoden in Betracht:

Methode 1: Schreibgeräte wie Marker und Stifte

Ich begann damit, analoge Schreibwerkzeuge und ihr Verhalten auf verschiedenen Papiersorten zu erproben, untersuchte Variablen wie Geschwindigkeit, Druck und die Intensität des Tintenflusses.

Während des Prozesses tauchten einige Fragen auf: Wie »glatt oder rau« sollten die Buchstaben sein? Wie viel Kontrast vertragen sie? Behalten wir die geradlinigen Striche oder gestalten sie dynamisch?
...und das waren noch die leicht zu beantwortenden Fragen. Der schwierigere Teil bestand darin, die Formen von einem Medium in ein anderes zu übertragen und beim Übergang von der analogen zur digitalen Technik die Essenz der Form zu bewahren.

Die analog gezeichneten Formen, deren vektorisiertes Abbild und eine schlussendlich nicht zufriedenstellende Optik.

Methode 2: Direktes digitales Schreiben

Bei der Erprobung des direkten Schreibens im Digitalen habe ich zwei Möglichkeiten getestet: Schreiben mit und ohne Druck auf dem Stift. Beim Vergleich der Ergebnisse wurde klar, dass die drucksensitive Modulation besser funktioniert, weil sie den handschriftlichen Charakter noch deutlicher zum Ausdruck bringt.

Linearer, digitaler Stift ohne Modulation im Strich (rechts) und mit authentischen, lichten Unterschieden (links)

Schlussendlich entschieden wir uns also bei der Entwicklung der Schrift für die Methode des digitalen Schreibens in Kombination mit einem leichten Druck auf den Stift.

Diese Technik war nicht nur praktischer, sondern führte auch zu Ergebnissen, mit denen wir der angestrebten Ästhetik am nächsten kamen.

Odyssee der Interpolation

Anfangs zeichnete ich in Illustrator mehrere Versionen jeder einzelnen Glyphe. Nachdem ich die beste Variante ausgewählt hatte, konnte ich diese unmittelbar in der Fontsoftware platzieren.

Viele Varianten, um das Optimum zu finden.

Eine der zentralen Zielsetzungen war es, eine nicht verbundene Handschrift zu entwickeln, die sich interpolieren lässt. Ich begann daher zuerst mit dem Entwurf des dünnen Light Schnittes, der unkomplizierter zu zeichnen war als die kräftigen Linien der Bold, die erst später hinzu kam. Abschließend interpolierte ich zwischen beiden Extremen ein Regular und Medium Gewicht.

Ankerpunkte aufräumen für die Interpolation.

Der mühsamste Teil war das Aussortieren der überflüssigen Vektorpunkte zwischen den beiden Varianten — dem leichten und fetten Master. Denn eine Schrift besteht bekanntlich nicht nur aus den Buchstaben von A bis Z: Es gibt auch Ziffern, Symbole, Sonderzeichen usw. Alle mitgerechnet, musste ich mehr als 1.000 Glyphen pro Master aufräumen, was eine Heidenarbeit war.

Dabei kann ich nicht einmal sagen, dass bestimmte Zeichen besonders schwer anzupassen gewesen wären. Vielmehr war es die Tatsache, dass es so viele Glyphen und in diesen noch so viel mehr Punkte gab, die eine kompatible Interpolation zu einer wahren Odyssee machten. Puh, das war schon heftig!

Wenn Fehler beim Interpolieren fast schon ein Mehrwert sind.

Spaß-Font mit paneuropäischer Sprachunterstützung

Da die Grato Geometric Suite über eine breitgefächerte Unterstützung der europäischen Sprachen verfügt, wollten wir diese mit der Marker-Version ebenfalls anbieten. Es ist zwar nicht selbstverständlich, dass Headline-Schriften einen so großen Zeichensatz haben, doch Grato Marker funktioniert auch in Textgrößen erstaunlich gut!

Beim Nachzeichnen der kyrillischen und griechischen Alphabete, waren Irene Vlachou und Ilya Ruderman eine große Unterstützung. Ihre Kritik zum handschriftlichen Duktus waren sehr hilfreich, um eine gute Balance und stimmige Proportionen zu finden.

Ilyas Vorschlag, wie das Design der kyrilischen Zeichen optimieren werden kann.

Last but not least

Mein Lieblingsbuchstabe in der Grato Marker Familie ist das griechische kleine Alpha. Es hat einen schönen handschriftlichen Fluss und eine souveräne Stabilität, die aus dem geometrischen Original stammt.

Das griechische Alpha in Grato Classic, Grato Grotesk und Grato Marker.

Eines Tages würde ich gerne in ein Lebensmittelgeschäft gehen und erleben, dass die Grato Marker im Packaging Design verwendet wird. Ich könnte sie mir gut auf einem griechischen Joghurt, auf einer Müslischachtel oder in einem Warenkatalog vorstellen. Sie kann prima mit der Grato Geometric Suite verwendet werden und natürlich auch mit jeder anderen typografischen Kombination, die mit handgemachten Flair und organischen Gefühl überzeugen möchte.

Die erste Geige im Typo-Orchester zu spielen, war eine bereichernde Erfahrung mit steiler Lernkurve. Schlussendlich gelang es uns, unsere Fähigkeiten zu kombiniert und sie in ein harmonisches Konzert zu verwandelt.

Zum Glück war es nicht Jakob, der gezeichnet hat. (...um ehrlich zu sein, dieser Jakob hier ist ein Grundschulkind)