Round and Round We Go

Inspiriert durch den geometrischen Charakter der Cera Pro, waren Lisa Fischbach und Jakob Runge gespannt darauf, wie es wohl wäre, eine abgerundete Version – eine Cera Round – zu entwerfen.

Zunächst erschien es uns leicht, eine Cera-Version mit runden Strichenden zu erstellen: Ein Klick auf den Effekt »Ecken abrunden« und fertig ist sie. Feierabend, Prost!

Aber so einfach war es dann doch nicht.

Erkundung verschiedener Abrundungsmöglichkeiten

Zu Beginn musste das Konzept für die Abrundung der Cera Pro skizziert und getestet werden. Welche Art von Rundungen passt am besten zur DNA der Cera Pro? Wir lieben ihre industriell wirkenden Buchstaben und sind begeistert davon, wie sie es gleichzeitig schaffen, so freundlich zu wirken – aber wie übertragen wir diesen Geist am besten in die neue Cera?

Es mag unzählige Möglichkeiten geben, kantige Striche abzurunden, aber wir haben uns entschieden, das Hauptaugenmerk auf die Geometrie zu legen.


Es gibt unterschiedliche Wege, Ecken und Striche abzurunden, aber wir kamen zu dem Schluss, dass die Geometrie im Vordergrund stehen muss. Mit dieser Entscheidung machten wir uns auf den Weg und stellten uns den Herausforderungen, die uns bei der Entwicklung der Cera Round begegneten.

Problemlösung beim optischen Überhang

Stellt euch vor, ihr habt ein schwarzes Viereck, z.B. den Buchstaben i und beschließt, den Strich mit einem Halbkreis enden zu lassen. Dadurch verändert sich das Verhältnis zwischen dem Schwarz des Buchstabens und dem ihm umgebenden Weiß: Der weiße Bereich wird größer. Der Strich des i bleibt zwar mathematisch gesehen genauso hoch wie vorher, sieht aber kürzer aus. Um das auszugleichen, wurde jeder einzelne Stamm der Cera Round sorgfältig geprüft und mit unveränderten Formen – wie dem bereits abgerundeten o – ins Gleichgewicht gebracht.

Einige Stämme wie die Übergänge im n, d und r bedurften besonderer Sorgfalt, denn die Kombination der ursprünglichen optischen Korrekturen in Kombination mit einer Abrundung hätte die Zeichen unästhetisch wirken lassen. Auch hier war das neue Schwarz-Weiß-Verhältnis Problem und Lösung zugleich: Die Wiederherstellung und Abrundung des »mathematischen Ursprungs« bedeutet auch, dass erst nach der Abrundung des oberen Teils des Stamms der Weißraum geschaffen wird, der notwendig ist, damit der Übergang von Stamm zu Bogen nicht verklumt.

Die Balance zwischen Schwarz und Weiß

Im Allgemeinen war die Anpassung der leichten Schriftgewichte an den neuen Stil einfach: Der Unterschied zum Schwarz-Weiß-Abgleich war gering und die Punzen machten uns keine Probleme. Diese traten erst bei der Arbeit an der Black auf. Vor allem bei den Kleinbuchstaben mussten wir darauf achten, wie wir die einzelnen Formen an den neuen Stil anpassten. Da die Buchstaben zum Ende eines Strichs hin nicht zu schmal werden sollten, mussten Teile dieser, wie z.B. der obere Teil vom kleinen a, erst sorgfältig überarbeitet werden, bevor es abgerundet werden konnte.

Der Kampf mit den Diagonalen

Eine weitere Herausforderung waren die Diagonalen. Hier hätten die Endungen der Cera Pro und Cera Round nicht unterschiedlicher sein können: Während die Cera Pro ihre Diagonalen in einer Spitze enden lässt und ihre Wirkung zwischen der Grundlinie und der x-Höhe entfaltet, sollte die Cera Round nur mit einem kreisförmigen Abschluss, ohne klare Kante enden. Unser Ziel war es, bei der Cera Round die gleichen Zeichenbreiten zu erzeugen wie bei der Cera Pro, damit das Kerning nicht beeinträchtigt wird und die Versionen der Superfamilie beliebig ausgetauscht werden können, ohne dass dadurch das Layout beeinflusst wird.

Wir veränderten also, wenn nötig, die Winkel der Diagonalen, um sie an den jeweiligen Buchstaben anzupassen. Dabei wägten wir genau ab, wie viel Veränderung nötig ist, um ein Gleichgewicht zwischen einem eindeutigem Cera Pro Ableger einerseits und einer auf die Abrundung abgestimmte Schrift andererseits zu finden.

Mit unserem imaginären Fräser im Hinterkopf musste nicht nur ein anderer Ansatz für die Verbindung aus Stamm und n-Bogen gefunden werden, sondern auch für die Grundlinie im v, w oder dem griechischen ν. Insgesamt sind diese Buchstaben in ihrer grundlegenden Struktur etwas breiter ausgefallen, wodurch der Verlust der Spitzen ausgeglichen ist, aber die eigentliche Buchstabenform nicht verändert wird.

Unterschiedliche Striche für unterschiedliche Schriftsysteme

Da Cera Pro paneuropäisch ist und neben dem lateinischen auch das kyrillische und griechische Alphabet unterstützt, war für uns klar, dass auch Cera Round eine umfassende Sprachunterstützung haben muss. Dabei stellte sich heraus, dass die kyrillischen Buchstaben schwieriger zu runden waren als die lateinischen oder griechischen.

Im Vergleich zu diesen beiden Schriftsystemen hat das Kyrillische viele rechteckige Formen und einige Buchstaben haben einen kleinen Strich am Ende, der für die Erkennung des Zeichens entscheidend ist – wie beim у und л. Obwohl es sich richtig anfühlte, war es schwierig, diese weich und abgerundet zu gestalten. Wir mussten viele Änderungen an den Formen vornehmen, um ein weiches Gefühl zu erzeugen und die Buchstaben gleichzeitig lesbar und ausgewogen zu halten.

Den Pfad verlassen, um in der Spur zu bleiben

Die Satzzeichen und Akzente der Cera Round unterscheiden sich von denen der Cera Pro. Da die Formen der Cera Pro einen hohen Kontrast aufweisen, mussten wir uns entscheiden, ob wir alle mit demselben Durchmesser versehen oder einen weiteren, dünneren Stammstrich einführen. Schlussendlich reichte eine leichte Verdünnung im sonst so monolinearen Strich völlig aus, um die Akzente voneinander zu unterscheiden

Insgesamt sollte die Schrift linear in allen Strichen wirken. Bei einigen Glyphen wie der 4 oder dem + wurden zunächst optische Anpassungen an der Cera Pro vorgenommen, sodass die Strichstärken in der Vertikalen und Horizontalen gleich wirken. Mit den neuen, runden Endungen wurden diese Änderungen jedoch sichtbar und störend – so offensichtlich störend, dass sie erneut angepasst werden mussten, um mathematisch gleich groß zu sein und damit richtig auszusehen.

Bei anderen Glyphen musste die Konstruktion geändert werden. So erhielt z.B. das @ eine runde Verbindung und steht damit im Kontrast zu dem ursprünglichen der Cera Pro mit einer kantigen Konstruktion.

Die Arbeit an der runden Version brachte uns auch dazu, die ursprüngliche Cera neu zu denken: Fehler und optische Abweichungen der bereits bestehenden Schrift mussten überdacht, bewertet und behoben werden. Die Gestaltung der Cera Round war kein einfacher Abrundungsprozess, sondern eine ganze Reihe von Neuentwicklungen.

Die Gestaltung der Cera Round war kein einfacher Abrundungsprozess, sondern eine ganze Reihe von Neuentwicklungen.

Der Kreis schließt sich

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir mit Cera Round etwas Einzigartiges, Cleanes, Fröhliches und zugleich Technisches geschaffen haben. Sie ist eine großartige Ergänzung zur Cera Pro und eignet sich sowohl für große Überschriften als auch für Fließtexte. Die verschiedenen Schnitte bringen das Merkmal der Rundungen auf unterschiedliche Weise zum Ausdruck, so dass die Schriftfamilie für vielfältige Einsätze geeignet ist.

Wir hatten viel Spaß bei der Entwicklung der Cera Round und freuen uns darauf, sie in euren Designs zu sehen.